Weingut am Stein Würzburger Innere Leiste Spätburgunder 2010

Knoll Leiste Spätburgunder

Wein des Monats, Oktober 2013

Weinkritiker scheinen sich einig zu sein: „Herkunft muss man schmecken. Letztlich hat nur ein Wein mit Herkunft einen eigenständigen Charakter. Hat er das nicht, ist der Wein schlecht!“ Heute geht es um Terroir, jenen Begriff, über den sich die Weinschreiberei auch noch in zehn Jahren streiten wird und den ich hier eigentlich niemals behandeln wollte… heute also ein paar sicher nicht abschließende Gedanken!noll Leiste Spätburgunder

[dropcap1]D[/dropcap1]er Begriff  Terroir  (dt. Gegend) wird inflationär gebraucht, für den einen ist es das, was ein “guter” Wein unbedingt haben muss, für andere schlichtweg eine Worthülse der Marketingbranche. Habe eine diffuse Ahnung, dass beide Meinungen gelten, im Zweifel muss Terroir dann auch für alles herhalten! Trotz der scheinbaren Notwendigkeit diesen Begriff empirisch erklären zu müssen, wird Terroir niemals objektiv zu bewerten sein. Das macht Terroir erst interessant!
koll Leiste Spätburgunder
Für mich ist die Idee – die ihre Ursprünge im Frankreich der 1920er Jahre hat – von dort auch nicht wegzudenken, sprich auf deutsche Weine nur bedingt anwendbar. Selbst die Franzosen weiteten den Gedanken erst später auch auf ihren Wein aus, so ging es anfangs nur um Käse, Fleisch und Öl. 
Bleibt man bei den Franzosen, geht es um Herkunft, um auf Regionalität basierender Wiedererkennbarkeit. Zum Terroir gehören die vom Winzer nicht beeinflussbaren Elemente wie Niederschlag, Mikroklima des Standorts und Bodenbeschaffenheit. An letzterem kann der Winzer aber schon wieder bedingt Einfluss nehmen. Zudem zählt das Können des Winzers, in Frankreich ist er Teil des Terroirs! Dass man das auch ins Extreme treiben kann, zeigt dieses Projekt.  Knoll Leiste Spätburgunder
Knoll Leiste Spätburgunder weinblog knoll weinberg am steinnicht nur auf der Flasche ist ein deutlicher Fingerabdruck des Winzers, er befindet sich vielmehr auch darin

Französische Winzer haben zudem meist ein ganz anderes Verständnis von ihrer Beteiligung an der Weinbereitung als deutsche Winzer. Im deutsch-französischen Schmelztiegel Elsass lässt sich das wunderbar beobachten. Die bloße Adaption des Begriffes in die deutsche Weinwelt führt mindestens zu einer Sinnverschiebung und taugt dann nur noch als Schlagzeile.

Die Bewertung von Terroir wird umso schwerer, wo man mit riesigen Lagen konfrontiert, den Begriff Herkunft nur großräumig erklären kann. Dies geschieht beispielsweise in Würzburg.
Eine der bekannteren Lagen ist hier die Würzburger Innere Leiste; mit 18ha in Franken eigentlich fast schon ein kleiner Weinberg. Will man hier den Begriff Terroir – also möglichst genaue Herkunft – anwenden, stößt man bald auf das Jahr 1971 und jene Einzellagen, aus denen man die heutige Innere Leiste zusammengebastelt hat: Würzburger Felsenleiste, Würzburger Innere Leiste und Würzburger Äußere Leiste… Wenn es also früher schon mal genauer ging, kann es dann heute überhaupt noch Terroir Weine von dort geben?

Die Frage nach Lagentypizität aus der Inneren Leiste (der Niederschlag, die Rebsorte, das Mikroklima des Standorts usw.) ist für diese Rebsorte kaum zu beantworten. Alle anderen Weingüter wie BürgerspitalJuliusspital und Staatlicher Hofkeller haben in der Inneren Leiste nach meinem Wissen keinen Spätburgunder stehen. Mit Spätburgunder wie man ihn sonst in Franken bekommt, hat dieser hier von Ludwig Knoll aber reichlich wenig zu tun. Ist sein Spätburgunder nun ein einzigartiger Terroir Wein oder nicht? Knoll Leiste Spätburgunder

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Die innere Leiste, Photo: Weingut am Stein

Verkostungsnotiz:  
Der Spätburgunder aus der Inneren Leiste von Ludwig Knoll ist für mich ein direkter Seelengänger! Er artikuliert eine unerwartete, stilistische Position, die mich an das Piemont denken lässt. Verrücktes Zeug! Provokant, unkalkuliert, kein industrieller Geist! Mit jedem Schluck ein bisschen anders, eine Erzählung mit unbekanntem Ausgang. Unter Terroirwein kann ich mir genau diesen individualistischen Stoff vorstellen, er bleibt aber nur eine mögliche Antwort unter vielen. In der Nase Eindrücke von dunklen Früchten, brombeerig,  zugleich auch röstig und etwas speckig. Weitere, eher dunklere Noten zeigen sich erdig wenn nicht sogar ledrig. Man kann auch an Waldboden und Pilze denken, Eindrücke, die gut in den beginnenden Herbst passen.

Vollmundiges Tannin, straffe Säure, nicht nur Wein des Monats, sondern ganz heißer Kandidat für die Jahresauswahl. Erinnert mich sehr an einen handwerklichen Barbera aus dem Hause Francone, zeigt nach einiger Zeit sogar balsamische Noten. Vielleicht kann man sich auch einen leichten Veilchenduft einbilden, der Wein lässt der Phantasie einige Spielräume! Knoll Leiste Spätburgunder
So gesehen ein „internationaler“ Wein, ohne aber in die Unsäglichkeit einer gewollten „internationalen Stilistik“ zu verfallen. Diese gelingt vielen Winzern nämlich nicht, da will Knoll mit seinem Spätburgunder aber auch gar nicht hin. Oder andersherum: Dass Ludwig Knoll einen derart eigenständigen Wein auf die Flasche bringt, ist zum einen die Erfüllung des Terroir Gedanken in der ursprünglichen, französischen Sichtweise eben durch das offensichtliche Wirken des Winzers, zudem eine klares, wenn auch vereinzeltes Statemanet des fränkischen Weinbaus, dass dieser eben nicht nur Masse, sondern auch eine ganz eigene Klasse sein kann! Gehört kistenweise in den Keller!
Knoll Leiste Spätburgunder
Ab dem Jahrgang 2011 wird dieser wirklich krasse Außenseiter „befördert“ und ist nur noch als VDP.Erste Lage erhältlich. Wenn auch bei Spätburgunder meist nicht notwendig, wird dieser Stoff in der Dekantiere richtig spannend. Für 16,90€ hier zu haben

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