Syrah aus Deutschland? Syrah aus Baden! Ziereisen Syrah Gestad Weinblog
Was Hanspeter Ziereisen hier kultiviert, ist schon ungewöhnlich, wenn nicht sogar erstaunlich. Syrah anzubauen stellt schon eine enorme Herausforderung dar. Der Arbeitsaufwand ist enorm, nochmal deutlich höher, als bei Spät- oder Frühburgunder, zugleich ist die Rebe ungleich undankbarer. Jene beiden Burgundersorten sind nicht für jeden Winzer geeignet. Wer sich dann auch noch Sarah stellt, hat Anerkennung verdient! Hätte aber Ziereisen nur geahnt, welche Aufmerksamkeit dieser Wein braucht, hätte er die Finger davon gelassen. Gut, nun sind die Weinstöcke auf dem Efringer Ölberg nun mal vorhanden und letztlich kann der Weinfreund nur froh sein, dass es Winzer wie Ziereisen in Deutschland gibt! Ziereisen Syrah Gestad Weinblog
Ziereisen ist ein Winzerfamilie durch und durch. Gleich mehrere Generationen sitzen am Tisch, jeder hat seine Aufgabe, jeder ist ein Rädchen um unter anderem diesen Wein zu schaffen. Das Bewusstsein um Herkunft und die Bedeutung von Familie versteht das Weingut ohne große Schnörkel an den Kunden weiterzutragen. Mit den gängigen Schlagworten der Branche ist es nicht getan, der Anspruch ist nicht konsequent hoch, sondern konsequent anders. Hanspeter Ziereisen sieht sich in vielen Punkten der französischen Weinkultur verschrieben, die Ergebnisse in der Flasche sind weit von der badischen Masse entfernt. Für ihn ist Terroir kein leerer Begriff , vielmehr Ausdruck einer authentischen Weinerzeugung. Es wird im Keller nicht mit Technik rumgefummelt, nicht geschönt und vor allem per Hand gearbeitet, der Wein ist das “Tagebuch des Jahres”, kein Jahrgang schmeckt gleich.
Mir persönlich gefällt besonders, dass die Weine nicht filtriert werden. Leider bekommt man das viel zu selten. Ich stehe auf den „ganzen Dreck der Natur“, die Äpf el vom Apfelbaum mit Narben und nicht marktkonformen Aussehen schmecken schließlich auch am besten. Schmeiß die Marienkäfer mit rein, wird schon passen… Dass die Weine spontan vergoren werden ist hier kein Werbemittel, sondern schlichtweg indiskutabler Standard. Jetzt will ich nicht weiter schwärmen, sondern verweise auf die Homepage des Weingut Ziereisen, wo man alles in Ruhe nachlesen kann.
DEKANTIEREN! Im Glas kein Trommelfeuer, kein Losröhren wie es viele „moderne“ Syrahs dann doch gerne tun. Nein, ganz fein und subtil, zart streicht der Wein umher, spielt und versteckt sich erst. Meine Nase fährt im ganzen Glas herum, man hat hier trotz doch gewisser Vorkenntnisse in der Vernichtung von Rebsaft doch einiges zu tun. Es gibt da eine deutliche Fruchtnote von Cassis, die nicht neben den Noten von Tabak steht, sondern wirklich eine Verbindung mit diesem eingeht, ein Hauch Kirsche ist auch mit dabei. Mit jeder Minute scheint sich die Nasenkraft zu potenzieren, das Gespräch wird vertieft man wird aber nicht laut. Dann sind da würzige Noten, sicher mit Nelken zu umschreiben und Nuancen, die vielleicht sogar an schwarze Oliven reichen.
Die Nase bietet einfach großen Reichtum, bedeutet aber auch ein ganzes Stück Arbeit. Hanspeter Ziereisen sagt von seinen Rotweinen, dass “diese erschlossen werden wollen”. Habe vor dem ersten Schluck recht lange geschnüffelt, das Bukett bietet schon ordentlich Entertainment! Es ist das Bukett, nicht der Alkohol der mich hier gerade sehr gefügig macht…
Im Mundgefühl dann ebenfalls ungewöhnlich, kein dicker Saft, kein zu erklimmendes Zentralmassiv sondern vielmehr wie ein Spätburgunder. Sehr leicht, geradezu frisch um dann aber mit feinen Tanninen einfach Eindruck zu hinterlassen. Der Wein liegt und liegt und liegt… selbst im Nachhall bleiben die Eindrücke von schwarzen Johannisbeeren deutlich präsent. Dazu durchgehend mineralischer Ausdruck, die Reben stehen auf Muschelkalk, Herkunft ist schmeckbar!
Begleitet wird der Abschlusss von rauchigen Tönen, wobei die aber dann wirklich noch umherwabernd wirken, mit “geräuchert” hat es nur bedingt zu tun. Merke gerade, dass der Wein an den Grenzen meiner sprachlichen Fähigkeiten kratzt! Richtig substantiell um dann von Stufe 300 der esoterischen Erkenntnis wieder herunter zu kommen, ist die deutliche Würze dieses Tropfens. Auf der Zunge bleibt richtig pikant ein Pfefferl liegen und sagt ungeniert „ ich wohn jetzt hier“.
Handwerk vor 100 Jahren, bei Ziereisen noch heute so!
Wer Spätburgunder mag, wird diesen Wein sehr gerne haben und sich diebisch freuen können. Eingefleischte Freunde von Syrah aus Übersee und auch der Rhone werden diesen Wein vielleicht etwas belächeln, man kann sich hier aber auch beeindrucken lassen und eben den Terroir-Gedanken erleben. Der Wein kommt nicht von der Rhone, auch nicht aus Übersee, warum soll er dann so schmecken? Er kommt aus dem Markgräfer Land!
Der Wein hat Charakter. Ein Begriff von dem ich glaube, dass sich ihn viele Menschen heutzutage viel zu prägnant vorstellen und inhaltlich in unmittelbarer Nähe von Ausdrücken wie Charisma wissen wollen. Nein! Charisma ist nicht unbedingt was gutes. Leute, denen man Charisma nachsagt, sind mir persönlich meist zu präpotent! Das gilt auch für Wein.
Wenn man sich etwas Zeit lässt wird er zugänglich, er ist genau wie sein Vater ein Pionier und die haben meist was zu sagen. Bin ja noch auf der Suche nach meinem persönlichen Rotwein des Jahres 2012, ab heute sind es zwei Kandidaten, hier der andere… Ziereisen Syrah Gestad Weinblog
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P.S.: Bei den Pilzen auf dem Bild handelt es sich übrigens um den essbaren honiggelben Hallimasch; so zumindest ein Freund von mir, der sich damit angeblich auskennt…
2 Gedanken zu „Ziereisen Syrah Gestad 2008 trocken Baden“