Wein zum träumen, was will man mehr? Wenn der Franke von seinem Silvaner schwärmt, dann muss er „erdig“ sein. Der Rest der bundesdeutschen Weinliebhaber versteht darunter „mineralisch“. Ahja…
[dropcap1]M[/dropcap1]an mag über den sprachlichen Sonderweg der Franken lächeln, aber zum einen gibt es kein allgemeingültiges Wörterbuch Wein – Deutsch, zum anderen ist das in der Weinsprache etablierte Wörtchen mineralisch alles andere als ein präziser Begriff. Eines der ewigen Streitthemen unter Weinschreibern, Begeisterten, Bloggern usw.. Und nach meiner heutigen Silvaner-Erweckung kann ich nur zu dem Schluss kommen, dass Mineralik in Franken tatsächlich was anderes ist als in den übrigen Weinbauregionen. Frankenwein wie dieser darf also seine eigene Begrifflichkeit haben.
Der Silvaner aus dem Bamberger Stiftsgarten kommt aus der gleichnamigen Stadt Bamberg, die heute mit Weinbau nicht mehr viel zu tun hat. Allerdings wurde hier nachweislich vom 11.- 19. Jahrhundert Wein angebaut. Im Zuge der Säkularisation und nach einem strengen Winter 1829/30 wurden die Weinberge aufgegeben und seitdem parzelliert privatwirtschaftlich genutzt. Den historischen Weinberg am Fuße des Klosters Michaelsberg ließ man 2009 mit geschmacklichem Erfolg wieder aufleben.
Dahinter steckt das Weingut Bauerschmitt aus dem etwa 30 Kilometer entfernten Zeil am Main. Nachdem klar wurde, dass 2012 die Landesgartenschau in Bamberg ihre Türen öffnen würde, keimte die Idee, den alten Weinberg wieder neu zu beleben. Angebaut wird heute Silvaner, der trocken auf die Flaschen kommt und 2013 sogar als Kabinett gehandelt wurde.
Mit dem Jahrgang 2014 steht das zwar nicht mehr auf dem Bocksbeutel, wäre aber mit seiner leicht grazilen, wenig aufdringlichen, dennoch überzeugenden Art dazu voll und ganz berechtigt. Vielleicht sind es ja die 12,5% Alkohol die die Bezeichnung verhindern, üblicherweise liegt die Schallmauer für Kabinett bei 11,5%. Vielleicht wird das Prädikat auch durch einen Paragraphen im Weingesetz verhindert; den Irrsinn die Prädikatsverleihung vom Oechsle-Grad der gelesenen Trauben abhängig zu machen, steht seit 1971 wie in Stein gemeißelt im Gesetzbuch. Der Inhalt überzeugt, da ist es (fast) egal, was auf der Flasche steht.
In der Nase ein leicht exotischer Fruchteindruck. Für fundamentalistische Weinnerds, die nur nach spontan vergorenen Säften suchen, ist das also nix. Am Gaumen ist das, was man in Franken erdig nennt sofort präsent. Als Fruchtkomponente spielt Ananas die erste Geige, es bleibt aber mit etwas Banane und gelbfleischigem Obst nicht plakativ eindimensional. Im Gesamteindruck leicht und trinkfreudig, wobei der Silvaner durchaus etwas Hüften hat und Körper zeigt. Im Nachhall fein würzig, leicht nussig und anhaltend, die moderne Referenz eines Frankenwein.
Erstanden habe ich die Flasche für 9,90€ in der alteingesessenen Weinstube Nüßlein in Bamberg. Ob die auch verschicken ist mir nicht bekannt. Falls nicht, wäre das Weingut der nächste Ansprechpartner. Vielleicht kann ich auch selbst helfen, bin mindestens einmal die Woche in Bamberg; E-Mail an info@derweinblog.de und wir schauen mal. Prost!