Referenzburgunder, heute mit der Hahnmühle

Die Hahnmüle ist ein bisher eher weniger beachteter Ökoweinbaupionier an der Nahe. Nur wenige Kilometer abseits von Bad Kreuznach im Alsenztal gelegen, kultiviert dort die Familie Linxweiler auf nicht ganz 15ha Wein.

Als die Familie die seit dem Mittelalter bestehende Getreidemühle ab 1898 in ein Weingut umwandelt, ist sie einer der ersten Weinbaubetriebe in diesem Winkel des Nahetals. In den 1920er Jahren folgt dort ebenfalls als einer der Ersten die Umstellung auf Flaschenfüllung. Mitte der 1980 Jahre stellen die heutigen Betreiber Martina und Peter Linxweiler auf ökologischen Weinbau um – heute ist man nicht nur halbherzig nach EU Bio Verordnung am Start, sondern produziert nach den Regeln von Naturland, was deutlich mehr und echtes und nachhaltiges Bio ist.

Freilich ist Bio nicht gleich Bio und auch Öko kann von Fundamentalismus bis bewusst schwammiges Marketing alles und nichts sein. Selbst habe ich mir eine Meinung dazu in den letzten Jahren angesoffen, soll aber jetzt hier kein Thema sein. Einlesen kann man sich aber z.B. hier sehr gut.

Hauptwerk der Hahnmühle sind Riesling, Weißburgunder und Silvaner. Dass aber in den zuweilen älteren Hanglagen mit bis zu 60 Grad Neigung auch wunderbar straffe und an der Nahe recht seltene Spätburgunder reifen, zeigt z. B. der 18er Spätburgunder Tertiär Reserve. Die Eckdaten sagen: spontan vergoren – wie alle Weine des Weingutes, selektive Handlese, 14,5% Alkohol (hmmmmmm… geht aber), langes Hefelager und 18 Monate Ausbau im Barrique. Ach ja, weil man mich “technische Daten” auf Weinproben manchmal abfragt: RZ 1,8 g/L, Säure 4,7 g. Der Restzuckergehalt ist tatsächlich ne Ansage, Liebhaber von trockenen Stöffchen kommen also voll auf ihre Kosten.

Wein? Immer eine Frage des Stils!

Spätburgunder – eine der vielfältigsten Reben welche die Weinwelt zu bieten hat, hat zuweilen ein Problem. Viele Blogger, Winzer und sonst wie Weinwissende fingen um das Jahr 2010 an zu predigen, wie deutscher Spätburgunder nicht zu sein hätte. Die gleichen Personen betrieben an anderer Stelle dann noch fleißig Parker Bashing und betonten, dass die Weinwelt endlich offen und aufgeklärt sein müsse. Auch derweinblog.de hat sich zu derartigen Umtrieben verführen lassen…

Am Ende ging es aber wieder einmal nur um das Auswechseln eines Stils und nicht die Rettung der Welt. Man hat Veränderung und Abkehr von Bekanntem mit Verbesserung verwechselt. Stil ist und bleibt kein Kriterium für gut oder schlecht! Nichts und Niemand ist über Kritik erhaben, und so kann (muss) in der Weinwelt stilistisch alles erlaubt sein – alles andere regelt Angebot und Nachfrage.

Warum schreibe ich das? Zum einen habe ich mir die Flasche in einem Zug hinter die Binsen gekippt und als semiaktiver Weinschreiber mal an die letzten Jahre gedacht. Zum anderen weil der Tertiär vom Weingut Hahnmühle irgendwo genau dazwischen hängt. An der Stelle muss ich an das Elsass denken: Auch dort lassen sich solche Spätburgunder finden wenn vom französischen Weinbau geprägte Winzer auf Weinbaukultur rechts des Rheines stoßen und dabei eben kein französischer oder deutscher Wein, sondern Elsässer Wein entsteht.

Hahnmühle Spätburgunder 2018 Tertiär Reserve

Man merkt ihm das Holz an, es spendet der eher gerbstoffarmen Rebsorte zusätzliches Tannin ohne überschwänglich zu sein. Auch die Farbe gibt sich lange nicht so hell und puristisch wie man es der Rebsorte zuweilen abverlangt. Im Glas komplexe Nase von Minze, Vanille; ordentlich Beerenfrucht in Form von Chassis, Erdbeeren und auch leicht erdigen Noten. Am Gaumen mit klarer Säure, reichlich mürbem Tannin und weiterhin dunklen Beeren; dazu gesellt sich etwas herbstlicher Waldboden.
Linxweilers haben hier einen komplexen Rotwein auf die Flasche gebracht, der aber eben nicht “international” laut ist. Dicht gepackt kommt der Tertiär daher, verführt aber spielerisch leicht. Selten war eine Flasche Wein bei mir so schnell leer…

Also, wer für Weihnachten etwas sucht, was man einfach nicht verbieten, lockdownen oder sonst was kann und zudem richtig gut ist, der bestelle doch beim Weingut Hahnmühle für 22,50 Geld einen der wirklich großen Spätburgunder unserer Weinbaunation. Sicher als perfekter Begleiter zu wie auch immer gegartem Tier, trinkt der sich aber auch so einfach süffig süchtig weg! Derweinblog.de wird jetzt auf jeden Fall nochmal ´ne Kiste ordern und auch bezahlen! Das Zeug muss in den Keller – für Friedens- oder Kriegszeiten, egal! Der Stoff muss verfügbar sein, denn er macht süchtig.

Weingut Hahnmühle

Familie Linxweiler
67822 Mannweiler-Cölln
Telefon 0 63 62/99 30 99
Fax 0 63 62/44 66
info@weingut-hahnmuehle.de

Die Spätburgunder – Suchtberatung empfiehlt:

So, der Herbst ist da. Bald wird’s wieder kuschelig. Die Weinwerberei wird wieder mehr Roten empfehlen, weil das ja im Winter so prima passt. In Italien trinkt man im Hochsommer schließlich ja auch nur Weißwein: Klischeesaufen. Wollen wir (meistens) nicht!

[dropcap1]H[/dropcap1]eute mit Zwei Spätburgundern aus deutschen Landen unterwegs. Der eine stammt vom noch recht jungen, im Jahre 2009 gegründeten und leider weniger besungenen rheinhessischen Weingut Bäder, der andere kommt vom allseits bekannten Weingut Günther Steinmetz aus Brauneberg an der Mosel.
Man mag mir angesichts der verschiedenen Bekanntheitsgrade den Vergleich von Äpfeln und Birnen vorwerfen – in meinem Müsli hatte ich heute Morgen beides. „Und dann noch verschiedene Jahrgänge“. Es gibt große Pinot-Jahrgänge und Arschjahre, aber hier soll ruhig alles erlaubt sein.

Beide Weine haben ein bisschen Sonderstatus. Spätburgunder aus dem Rieslingparadies Mosel haben die Wenigsten (leider auch Weinhändler) auf dem Zettel stehen, und auch Rheinhessen ist in der allgemeinen Wahrnehmung alles andere als eine Referenz für diese Rebsorte.
Das soll keine Häme sein. Vielmehr geht es darum, mit Konventionen zu brechen und einfach mal zu probieren. Nichts verhindert neue Pfade mehr, als verstaubtes Zeremoniell.
Beide Weine sind von sehr unterschiedlicher Art und sollen hier nicht als Kontrahenten, sondern vielmehr als mögliche Vertreter ihresgleichen antreten. Es geht ganz einfach um „uuh, der is lecker“, „der aber auch!“.

steinmetz_weinblog
Spätburgunder Baeder 2012 trocken, Rheinhessen, Weingut Bäder

An der Nase erst mal ein „Aha!?“. An der Nase echter Beerenduft wie bei der Oma im Garten, das pappig süßliche fehlt. In Anlehnung an „ein Maul voll Wein“ (auf wen auch immer der Satz zurück geht) ist das hier ein Maul voll Echt. Dazu Eindrücke von Mandel, muss man allerdings ein bisschen suchen. Beim ersten Schlückchen dezente Nuancen von allerlei Kräutern wie Rosmarin und Thymian, gepaart mit einer gewissen Schärfe und hintergründigen Säure. Hat was!
Der Wein stand nicht weniger als 30 Tage auf der Maische, wurde danach in Zweit- und Drittbelegung in Barriquefässer gefüllt. Trotz der vielen Handarbeit im Keller ist der Spätburgunder von Bäder aber alles andere als dick geraten, nix „internationaler Stil“.
Hält sich, wie das für die tanninarme Rebsorte eigentlich typisch ist, mit Gerbstoffen zurück. Nicht jeder Winzer schafft es, dass so viel Aufwand im Keller zum Feinschliff eines Weines beiträgt und nicht bloß zu lautem Gebrüll im Glas mutiert.


Pinot Noir 2011 Kestener Paulinsberg unfiltriert, Mosel, Weingut Günther Steinmetz

Den Spätburgunder aus dem Haus Steinmetz könnte man als animalisch bezeichnen. Ohne Entrappung im Holzbottich offen vergoren, danach langer Ausbau im Fass. Mancher Weinschreiber bezeichnete den Pinot Noir Paulinsberg auch schon mal als rustikal… aber damit käme der Wein in eine gewisse Schublade, in die er dann doch einfach nicht gehört.
Passend zur Jahreszeit riecht der Wein nach nassem Laub, Erde und irgendwie Wald. Gepaart mit kräutrigen Noten und allerlei dunklen Beeren mag das nach eher lautem Auftritt klingen, ist es aber nicht. Zurückhaltung ist das Metier dieses Weines, hier ist nix zu laut oder gar kitschig.
Dann doch deutlich ausgeprägter im Tannin als der Spätburgunder von Baeder, leicht rauchig-speckig und erdig-herb im Nachhall. In Anlehnung an „ein Maul voll Wein“ haben wir hier aber nicht ein Maul voll Dreck, sondern ein imposantes Beispiel dafür, wie starke Charaktereigenschaften harmonisch gebündelt werden.

Beide Weine habe ich hier bezogen, im Netz lassen sich aber weitere Bezugsquellen finden. Der Spätburgunder von Baeder sollte bei ca. 15€ liegen, der Kestener Paulinsberg von Steinmetz kostet einen 5er mehr.

Riesling ist Sehnsucht

Württemberg ist völlig unterbewertet. Man kann das nicht oft genug sagen. Während so manche Weinbauregion Deutschlands immer noch von ihrem schon vor Jahrhunderten erarbeiteten Ruhm lebt, dümpelt Württemberg – bestenfalls noch für Trollinger bekannt – in einem Schattendasein vor sich hin. Schade!

Wein des Monats März 2016

[dropcap1]E[/dropcap1]s ist Prowein. Meine Timeline in FB läuft über. Bin ein bekennender Meider der Prowein. Mir ist das alles zu viel, zu schnell, zu laut. Man sollte Wein alle mögliche Aufmerksamkeit schenken, mehr dann aber auch nicht. Wein ist Sehnsucht, Wein ist ein zwangloser Moment. Die Prowein zeigt das Gesicht der Weinmaschinerie. Was ich dort verpasse? Vermutlich den Moment und damit für mich das Wichtigste… Sehnsucht!

beurer rieslingSolch einen (Wein)Moment hatte ich vor wenigen Tagen mit dem Weingut Beurer. Unmittelbar vor den Toren der Landeshauptstadt Stuttgart in Kernen-Stetten gelegen, macht hier ein Betrieb sicher auch durch modernes Marketing, vor allem aber wegen besonderer Qualitäten in der Flasche auf sich aufmerksam – und für alle, die im Gegensatz zu mir in Düsseldorf verweilen, Halle 14 / A32. beurer riesling

Erst 1997 trat man aus der Genossenschaft aus um als „Garagenwinzer“ den eigenen Betrieb aufzubauen. Seit 2003 arbeitet man sich im ökologischen Weinbau voran. Mittlerweile ist das Weingut Jochen Beurer Mitglied bei Ecovin (2009), produziert biodynamisch nach den Richtlinien von Demeter (2012) und wurde 2013 durch die Aufnahme in den VDP geadelt.
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