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Wein des Monats September 2013
[dropcap1]R[/dropcap1]ivaner ist nichts anderes als Müller-Thurgau. Aus Image Gründen wurde dieser in den 1980er Jahren in diesen umbenannt. Wohl auch, um diese Rebe auf dem Markt weitab der Buh-Rufe des deutschen Müller-Thurgau besser zu platzieren. Geholfen hat das nicht. ebracher hof greulich tannenberg rivaner weinblog
Lange Zeit glaubte man, dass Müller-Thurgau eine Kreuzung aus Riesling und Silvaner ist. Man spann den Gedanken soweit, dass die geschmackliche Qualität des Riesling mit der deutlich leichteren Kultivierung des Silvaner kombiniert werden sollte. Glaubte selbst sein Schöpfer, eben jener Professor Müller tatsächlich, Riesling mit Silvaner gekreuzt zu haben?
Heute vermuten wir, dass der werte Herr Professor Müller aus der Schweiz entweder etwas verstreut war, oder diese Annahme bewusst gestreut hat. Fakt ist seit den 1990er Jahren, dass es sich bei Müller-Thurgau um eine Kreuzung aus Riesling und Madeleine Royale handelt.
Aus Müller-Thurgau, respektive Rivaner kann man individuellen, charaktervollen Wein erzeugen. Unter anderen bezeugen das in Franken Betriebe wie Zehnthof Luckert aus Sulzfeld und der Ebracher Hof / Weingut Greulich aus Hüttenheim im Steigerwald auf ganz besondere Weise. Hier bewirtschaftet Markus Greulich auf kargen Keuper – Böden gerade mal 5,5ha, kämpft meist mit zu niedriger Säure, setzt seine Reben mehr gezwungen als gewollt stetem Wasserstress aus. Das diesjährige Weinjahr mit seinen langen feucht und trocken Perioden ist genau das, was er eigentlich nicht braucht. dennoch ist er zuversichtlich, zumal Markus Greulich vor einem wichtigen Faktor im Weinbau keine Angst hat, der Zeit.
Sind die Böden trocken, sind die Nährstoffe im Boden nicht mobil. Dies hat zur Folge, dass wesentlich weniger Mineralien und Extrakte in den Beeren eingelagert werden. Wasserstress ist immer nur zu einem gewissen Grad dienlich, darüber hinaus verhungert die Rebe irgendwann. Trotz der langen Trockenphase der letzten Woche haben es aber alle Reben “bisher ganz gut gepackt”
Markus Greulich, “bisher haben die Reben das Jahr ganz gut gepackt”
Die Reben von Markus Greulich sind alt, mit teilweise mehr als 45 Jahren erwachsen und können mit diesen Umständen umgehen. Die großen Flurbereinigungen der 1970 Jahre betrafen nicht die gesamte Lage Tanneberg. Manche Reben haben die Bereinigung zum Glück überlebt. Sie wurzeln metertief, bringen kleinbeerige und dickschalige Trauben hervor, die besonders aromenintensiv sind. Um aber dickschalige Trauben zu bekommen, muss Markus Greulich viel im Weinberg von Hand arbeiten. Mittels Blattschnitt werden die Trauben exponiert. Um sich vor der Sonneneinstrahlung zu schützen, bilden diese dickere Häute aus, was auch eine säureerhaltende Maßnahme ist.
In diesem Zusammenhang wird auch deutlich, dass ein karger Boden allein – im Weinmarketing gern als Qualitätssignal herangezogen – noch lange kein Qualitätsgarant ist. Die Formel ist einfach: Können die Reben mit dem Boden nicht, wird´s mit dem Wein erst recht nix!
Greulich bezeichnet sich selbst als “Koch”, der immer wieder verschiedene weinbauliche Rezepte im Wingert ausprobiert. In der Folge hat Markus Greulich seine Neupflanzungen dicht gesetzt, so dass sie zum Wurzeln auch nur nach unten können, da, wo das Wasser ist. So die Theorie, hinterhergergaben hat Markus Greulich seinen Wurzeln noch nicht. Vor Jahren probierte er eine Doppelstock Bepflanzung aus, würde dies aber heute nicht mehr machen. Sicher ist, dass der ehemalige Geisenheimer auch in Zukunft nicht nur Lehrbuchwinzer, sondern vor allem experimenteller Winzer bleiben wird.
Über manche Fläche seine Gemarkung sagt er offen, was er denkt: Es dauert eher Jahrzehnte als Jahre, um auf solchen “nach rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten eigentlich nicht mal landwirtschaftlich geeigneten Flächen” dann auch noch Wein anbauen zu können. Die Zeiten eines leichten Dornröschenschlafes im fränkischen Weinbau kamen also dem Hüttenheimer Tannenberg entgegen, der Müller konnte hier in aller Ruhe seine Pupertät verbringen um jetzt aus dem Vollen zu schöpfen.
Auf dem Hüttenheimer Tannenberg stehen neben Reben erstaunlich viele Laubbäume, Ansicht der Nordseite
Jedenfalls hat Greulichs Rivaner das, was nur wenige Rivaner, oder eben Müller-Thurgau haben. Ein großes Maß an Eigenständigkeit, Character und vor allem eine überzeugende Struktur. Er kann, was andere nicht können. Er ist keines dieser belanglosen Wässerchen, die dem Ruf des Müller-Thurgau in Richtung Qualität leider immer noch im Weg stehen. Das Ding hier geht mit dem Kopf durch die Wand und steht für mich in Sachen Müller- Thurgau ganz oben! Der Rivaner wurde im Stahltank mittels Reinzuchthefen vergoren, die übrigen Weine im Portfolio werden spontan vergoren. Im Keller schlummert aber auch der ein oder andere etwas ungewöhnlichere Wein. Einer seiner Liter Silvaner liegt noch immer im Stahltank, ein anderer schlummert goldgelb und richtig cremig mittlerweile im Barrique, selbst ein süßer “orange Chardonnay” wartet auf seine Vermählung mit französischem Käse. Man denkt am Ebracher Hof aber noch darüber nach, ob der überhaupt in den Handel kommt.
“Geht durch die Wand”: Rivaner vom Ebracher Hof
Verkostungsnotiz:
Dieser Müller hat mit der erhältlichen – meide bewusst das Wort “trinkbaren” – Masse in Franken nichts zu tun! Seine Autonomie beginnt an der Nase mit deutlichen Muskattönen und einem kräftigem Hauch Stachelbeere. Der trockene Hüttenheimer ist enorm frisch, knackig, mundwässernd und geizt nicht mit direkter Säure. Die Laune dreht auf, dieser Franke hat Körper, kommt saftig im Mund daher. Der Alkohol ist mit einer 12 vor dem Komma zum Glück nicht dort, wohin das restliche Franken gerade mit diesem Jahrgang tendiert.
Eine an grüne Paprika erinnernde Würze ist von Markus Greulich erwünscht. Im Keller fördert er durch den bewussten Erhalt von flüchtigen Thiolen und Methoxypyrazinen eben jene Aromeneindrücke, die man z.B. auch von Cabernet Sauvignon kennt, bei diesen Rotweinen auch eher unerwünscht und gern als Indikator für unreife Trauben genannt. Als weitere Anschauung kann diese PDF der bayerischen LWG dienen.
Der Rivaner liegt nicht gelangweilt rum, sondern spielt mit, dreht sich, zeigt, dass er was zu sagen hat! Bläßt den Kopf frei, macht einfach Spaß. “Dieser Terassenwein für den Sommer….” Klappe, ich hab meinen Spaß im Kopf und da bleibt er auch! Eingelagert! bracher hof greulich tannenberg rivaner weinblog
Der Winzer hat leider keine online Präsenz, den Wein gibt´s aber auch bei Karl-Kerler aus Nürnberg, dort für 6,95€ racher hof greulich tannenberg rivaner weinblog
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