Weingut Schneiderfritz
Understatement pur! Ohne Agentur, ohne Gedöns!
von Alex. Schilling
Wein des Monats November 2012
[dropcap1]D[/dropcap1]er diesmalige Wein des Monats November 2012 vom Weingut Schneiderfritz aus der Pfalz hat mich in vieler Hinsicht überrascht, ist für mich eine wirkliche Entdeckung. Es gibt viele Seiten im Internet, auf denen sich eine kleine Schar von bekannten Winzern in dieser Kategorie die Hand geben. Für mich aber soll es eine Kategorie sein, in der richtige Entdeckungen vorgestellt werden, Weinreisen quasi als Backpacker zu unbekannten Zielen führen. Die von mir ausgewählten Weingüter sind keine über jeden Zweifel erhabenen, in der Weinszene etablierten Betriebe, vielmehr Aufsteiger denen ich aus bestimmten Gründen zutraue, dass ihr Weg weiter nach oben führt.
Kürzlich traf ich auf der Weinmesse in Fürth auf Michel Schneiderfritz, der zusammen mit seinem Bruder Martin die Führung des gleichnamigen Weingutes erst vor kurzem übernommen hat. Zusammen mit seiner Freundin stand er Rede und Antwort und gab bereitwillig Auskunft über seine Weine. Leider musste ich auf der Messe feststellen, dass dies nicht bei allen Winzern so einf ach war. So mancher fing groß an mit Stichworten wie “ertragsreduziert” oder den immer häuf iger auf tauchenden “alten Reben”. Bohrte man dann nach, war die Ertragsreduktion dann doch auf 60 Hektoliter angewachsen und die Reben nur noch 5 Jahre alt, Terroir und Reinzuchthefen dann irgendwie doch vereinbar…
Auf dieser Messe gibt es aber auch immer wieder einige schöne Lichtblicke, bei denen Winzer wie Schneiderfritz herausstechen. Die Winzerbrüder sind „Geisenheimer“, gehören also zur dortigen Fachhochschule, an der man „Wein“ studieren kann. Martin Schneiderfritz ist ausgebildeter Dipl. Önologe, sein Bruder Michel studiert dort noch internationale Weinwirtschaf t, hat also im Weingut Schneiderfritz einen Schwerpunkt im Marketing und Vertrieb.
Das Weingut unterteilt seine Weine in drei Klassen, in die Grey Line, Red Line und Black Line, wobei der heutige Spätburgunder aus der mittleren Klasse kommt. Die Beeren für diese Weine werden vollreif handverlesen, bei den Rotweinen die Maische ohne weitere Kunstgriffe wie Stilvergärung oder gar Maischeerhitzung vergoren. Die Aussage, „wir vollenden im Keller das Werk, das die Natur begonnen hat“, schreibt sich zwar in ähnlichem Wortlaut bald jeder Winzer auf die Fahne, bei Schneiderfritz zeugt dies aber vom Bewusstsein, dass der Winzer immer nur ein Teil der gesamten Weinbereitung ist. Keine Industrie, in der von Anfang bis Ende alles durchgenormt und definiert ist. Sicher kann man versuchen Wein so zu erzeugen, was aber dabei raus kommt wissen wir… Das Weingut Schneiderfritz arbeitet mit der Natur zusammen, versucht nicht über sie zu bestimmen. Die Masse der Pfälzer Weinbauer hat diese Grundvoraussetzung für guten Wein noch nicht umgesetzt, oder sie wollen nicht.
Verkostungsnotiz:
Aus dem Glas strömt sehr dicht gepackte Kirsche, frisch und direkt, man will regelrecht rein greifen. Der Billigheimer Sauschwänzel riecht aber nicht nach Eingekochtem, viele scheinen sich bei Spätburgunder in letzter Zeit regelrecht davor zu fürchten. Ja, Maischeerhitzung ist nicht toll, ich seh´s ja ein… Dann auch deutliche Vanillenoten, der Wein lag 9 Monate im Barrique. Ein leichter Hauch von Tabak, sorgt für ein ausgwogenes Bukett. Am Gaumen dann ein Vielschichtigkeit, wie ich sie bei deutschen Spätburgundern bisher wirklich erst ab 10€ aufwärts erwarte und selbst da nicht voraussetzen kann. Die Kirscharomen treten deutlich zurück, vielmehr sind es noch dunklere Früchte wie Brombeeren und schwarze Johannisbeeren, der Ausbau im Barrique macht sich deutlich bemerkbar, geht aber eine gute Balance ein. Viele Weine schaffen hier den Übergang nicht und schmecken irgendwann nur noch nach Holz. Die Tannine sind schon jetzt sehr fein, insgesamt zeigt sich hier ein eben etwas hellerer Wein mit griffigem, aber nicht barockem Körper. Auch hier gelingt dem Weingut Schneiderfritz die Balance, so mancher Pfälzer verhält sich da eher kopflastig und liegt mit viel Körper aber wenig Textur da.
Händler und Gastronome aufgepasst! Solchen Wein lassen sich andere deutlich mehr kosten. In der Gastronomie kann man hier dem Kunden einen Wein für einen Preis
anbieten, der bei anderen Weinen nur für den Einkauf reicht. Sicher muss man ein bisschen offerieren, da man in deutschen Lokalen für solche Preise nur Fusel erwartet, auch steht nicht Ahr und VDP drauf . Der Lagenname Billigheimer Sauschwänzel ist doch ein prima Eycatcher auf jeder Weinkarte!
Wer einen offensichtlichen Vertreter eines deutschen Spätburgunders permanent im Keller haben will, sollte hier zugreifen. Den Basisspätburgunder des renommierten VDP Weingut Kloster Eberbach packt das Weingut Schneiderfritz mit seinem Wein locker in die Tasche, der kostet aber über 10€.
Gibt es für unmögliche! 4,50€ ab Hof hier